Die Sache mit dem Wohnmobil und dem Jedermannsrecht in Schweden

Es gibt auf einem Roadtrip mit dem Wohnmobil wohl kaum etwas schöneres, als kostenfrei mitten in der Natur zu übernachten. Die ersten Sonnenstrahlen des Morgens einsam am Strand zu genießen, den glitzernden See direkt aus dem Fenster des Campers beobachten, die Sterne über den Bergspitzen funkeln zu sehen. Alleine, umgeben von Natur, am besten noch mit einem Lagerfeuer.

Eine wirklich sehr romantische Vorstellung, die meistens jedoch weit entfernt von der Realität ist. Oder vielleicht doch nicht?

Immer wieder hört man vom berühmten Jedermannsrecht in Schweden. Ein im Gesetzt verankertes Recht auf Zeit umgeben von der Natur. Dem Recht überall wandern zu gehen, wo das Land nicht in Privatbesitz ist, überall in der Natur übernachten zu dürfen. Allzu gerne wird dieses Gesetz, welches es auch in Norwegen, Finnland, Dänemark und der Schweiz gibt, so interpretiert, dass es auch für Wohnmobile, Vans und generell Übernachtungen im Auto gilt. Aber stimmt das so auch? Wir haben uns auf unseren Skandinavien Reisen ein eigenes Urteil gebildet, mit Einheimischen gesprochen und möchten dir unsere Erfahrungen natürlich weitergeben!

Definition des „Allemansrätt“, dem Jedermannsrecht in Schweden

Die Natur ist in Schweden allgegenwärtig. Ob weite Seenlandschaften, dichte Nadelwälder, oder Hochebenen und Berglandschaften im Norden. Kaum ein Land ist dabei so weitläufig, dünn besiedelt und vielfältig wie Schweden. Diese einmalige Natur soll laut schwedischem Gesetz jeder vollumfänglich nutzen dürfen. Das Grundgesetzt sagt, dass du dich frei in der Natur bewegen und die Schönheit des Landes erkunden darfst. Solange du nicht störst und nicht zerstörst. Auch Baden, Bootsfahren und das Pflücken von Beeren und Pilzen ist erlaubt. Du darfst sogar mitten in der Natur ein Zelt aufschlagen und unter dem Sternenhimmel übernachten. Für diese sehr weitreichende Freiheit gibt es nur wenige Beschränkungen:

  • Privatbesitz, bewirtschaftete Flächen und eingezäunte Grundstücke dürfen nicht betreten werden.
  • Pfade und Wege sollen nicht verlassen werden, um die Natur auch für nachkommende Generationen zu erhalten.
  • Zerstöre nicht und nimm jede Form von Abfall wieder mit
  • Halte einen Mindestabstand von 150 Metern zum nächsten Wohnhaus oder zur nächsten Hütte. Störe dabei deine Mitmenschen nicht.
  • Übernachte nicht länger als zwei Nächte an einem Ort
  • Achte auf das Verbot von offenem Feuer in der warmen Jahreszeit von April bis September.

Eigentlich doch ganz einfach, oder? Klingt nach einer Menge Freiheiten und einer wunderbaren Zeit in der Natur. Das große Problem: Kein Wort von Wohnmobilen, Campern oder Übernachtungen in Autos. Und das hat natürlich seinen Grund.

Norwegen Nationalpark Banner

Die offiziellen Regeln für Reisen mit dem Wohnmobil

Das Wildcampen mit dem Wohnmobil in Schweden ist bei weitem nicht so frei und entspannt definiert wie das Jedermannsrecht:

  • Du darfst jederzeit auf öffentlichen Wegen und Straßen in der Natur parken, solange du keine Gefahr für andere darstellt, auf Privatbesitz stehst oder Wege blockierst. Hier geht es ausdrücklich um das parken, nicht um Übernachtungen.
  • Übernachten darfst du hingegen auf Parkplätzen, Picknickplätzen oder Stapelplätzen für Holz, solange dieses nicht explizit durch einen Hinweis verboten wird. Auch hier leider kein Wort von freier Stellplatzwahl direkt am Meer.
  • Grundsätzlich gilt immer, dass sich an einem Ort nicht eingerichtet werden darf. Das heißt Campingausstattung wie Tische, Stühle, Grill oder Markise müssen im Auto bleiben.
  • Die Pflicht seinen Müll wieder mitzunehmen bleibt natürlich bestehen.
  • Ebenfalls solltest du auch hier nach maximal zwei Nächten deine

Was heißt das ganze nun aber in der Realität?

Die Realität auf einem Roadtrip durch Schweden

Auch wir sind jetzt schon mehrmals mit dem Wohnmobil durch Schweden gereist und konnten uns so ein Bild davon machen, wie das Jedermannsrecht in Schweden auch für Wohnmobile und Roadtrip Fans die Türen öffnet. Leider aber auch, wie oft es missbraucht wird und welche Konsequenzen daraus folgen!

Kostenfreie Stellplätze und Wildcampen mit dem Wohmobil in Schweden

Grundsätzlich möchten wir unsere Erfahrungen in verschiedene Regionen des Landes einteilen:

Der dichter besiedelte Süden des Landes, sowie Küstenortschaften und Großstädte

Im wirtschaftlichen Süden von Schweden ist es grundsätzlich deutlich schwieriger einen kostenfreien Ort für eine Übernachtung zu finden. Wir sprechen hier nicht von Rasthöfen oder Parkplätzen an Hauptstraßen, sondern von Stellplätzen umgeben von Natur bzw. an landschaftlich schönen Orten. Die Küsten sind durch Fischerdörfer und Privatbesitz meist kein geeigneter Ort für eine Nacht. An vielen offensichtlich schönen Orten wurden bereits Verbotsschilder für Übernachtungen im Auto aufgestellt. Das gilt sowohl für kleine Parkplätze am Strand, als auch an Seen und kleinen Ortschaften.

Dennoch ist es auch hier nicht unmöglich einen schönen Stellplatz zu finden, an dem du auch geduldet wirst. Und wir sagen an dieser Stelle ganz bewusst geduldet, weil es vielen Einheimischen mittlerweile ein Dorn im Auge ist, die Hinterlassenschaften von Campern beseitigen zu müssen oder durch laute Zusammenkünfte mehrere Wohnmobile die eigene Natur an vielen Orten nicht mehr nutzen zu können.

Du solltest dich bei deiner Suche nach einem Stellplatz auf Plätze fokussieren, die außerhalb von offensichtlichen Hotspots und Highlights liegen. Suche nach dünner besiedelten Landstrichen und Nature Reserves. Nutze Holzlagerplätze, Picknickplätze oder tagsüber bereits kaum genutzte Parkplätze an Wäldern oder Seen. Noch ein weiterer kleiner Tipp: Wenn du Einheimische triffst, frag doch einfach einmal ganz nett, ob es ein Problem ist zu hier zu übernachten. Du wirst überrascht sein, wie freundlich dir begegnet wird und in den seltensten Fällen wirst du weiterfahren müssen!

Die weiten Mittelschwedens und des Nordens, sowie dünner besiedelte Landschaften an Seen und Küsten im ganzen Land

Wesentlich entspannter geht es im dünn besiedelten Mittel- und Nordschweden zu. Hier triffst du oft nur alle 50 Kilometer auf eine kleine Stadt und die Natur ist allgegenwärtig. Hier gibt es unzählige wunderschöne Orte und Möglichkeiten mit deinem Wohnmobil einen Stellplatz zu finden. Beachte nur auch hier, dass du wirklich niemanden störst, kein Privatbesitz befährst und keinen Müll hinterlässt. Eine schöne Art ist es auch immer, fremden Müll einzusammeln, der dir auf Stellplätze begegnet und diesen in der nächsten Mülltonne zu entsorgen.

Auch hier möchten wir dir einen kleinen Tipp mitgeben: Nutze die App von Park4Night und halte Ausschau nach Stellplätzen, welche auch von Einheimischen genutzt werden. Diese sind oft mit Feuerstellen und Bänken ausgestattet und großzügig angelegt. Du wirst bereits auf dem ersten Blick erkennen, ob es in Ordnung ist dort zu übernachten oder nicht. Generell ist dein Bauchgefühl immer ein guter Begleiter auf deiner Suche. Wenn du ein mulmiges Gefühl hast und dir unsicher bist, ob der Stellplatz wirklich in Ordnung ist oder du eventuell sogar Probleme bekommen könntest, dann fahre einfach weiter und suche nach etwas besserem!

Warum Wohnmobile mittlerweile oft nicht mehr gerne gesehen werden

Wie bereits angedeutet, wirst du auf deiner Reise auch immer wieder auf Orte stoßen, an denen Schilder das Übernachten verbieten oder Einheimische dich sogar verjagen wollen. Dieses Verhalten hat seinen Grund leider in dem Auftreten von Reisenden mit Wohnmobilen und Vans. Die Wohnmobil Community ist stetig am wachsen, die Anzahl der Stellplätze und oftmals leider auch der Verstand einiger Reisender, eher weniger. So ist es leider auf Reisen durch Europa mittlerweile eher die Regel als die Ausnahme, dass öffentliche Stellplätze oder Stellplätze in der Natur total zugemüllt und verdreckt werden. Es werden laute Partys gefeiert, nur wenig Rücksicht auf Umwelt und Mitmenschen genommen und Hinterlassenschaften mitten in die Natur gesetzt. Es ist also kein Wunder, dass wir nicht überall mit offenen Armen empfangen werden.

Mit Sicherheit möchten wir nicht alle in einen Topf werfen und die meisten von euch verhalten sich mit Sicherheit vorbildhaft. Doch die Zustände der Orte sprechen leider auch ein klares Bild über die Anzahl der schwarzen Schafe.

Denke also bei deiner nächsten Reise auch an deine Mitmenschen und lass uns gemeinsam dafür sorgen, dass wir auch in mehreren Jahren noch an diesen schönen Orten übernachten dürfen!

Du interessierst dich für unsere Reisen durch Skandinavien und bist auf der Suche nach weiterer Inspiration? Schau doch auch mal hier vorbei:

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