Sarah & Philipp ps_wir.sind.dann.mal.weg

Vor zwei Jahren haben Sarah (26) und Philipp (29) Nägeln mit Köpfen gemacht: Sie haben ihre sicheren Jobs in Deutschland aufgegeben, ihr Hab und Gut verkauft und ihre Heimatstadt Dresden auf unbestimmte Zeit verlassen. Heute nennen sie die Welt ihr Zuhause. Ihr nächste Ziel: Eine Australien-Umrundung mit ihrem selbst ausgebauten Camper! Warum es die beiden in ferne Länder zog, wie ihre Familie auf die Weltreise reagiert hat und wie die beiden ihren Lebenstraum finanzieren, haben sie uns im Interview verraten.

Vor zwei Jahren habt ihr entschieden, in Deutschland alles aufzugeben und auf unbestimmte Zeit auf Weltreise zu gehen. Wie kam es dazu?

Wir sind schon immer gern in jeder freien Minute unterwegs gewesen – Sei es, um unsere weit verstreute Familie in ganz Deutschland zu besuchen, zu Fußballspielen unseres Lieblingsvereins oder für einen Urlaub. Nach zwei typischen Standard-Reisebüro-Urlauben haben wir festgestellt, dass das überhaupt nicht unsere Art des Reisens ist. Wir lieben es, auf eigene Faust loszuziehen, uns ins Auto zu setzen und einfach drauf los zu fahren. Die Welt mit eigenen Augen zu sehen war also schon immer unser Traum. Natürlich war das während unserer Ausbildung nicht immer ganz einfach und das Fernweh war praktisch Dauerzustand. Irgendwann Anfang 2017 begannen dann die Pläne konkreter zu werden und ein knappes halbes Jahr später, am 8. März 2018, war es dann soweit und wir kehrten Deutschland den Rücken!

Ein sehr mutiger Schritt, alles zurückzulassen, anstatt zum Beispiel die Wohnung erstmal für ein Jahr unterzuvermieten! Hattet ihr Ängste oder Zweifel, euer altes Leben komplett zurückzulassen?

Jein – ab dem Zeitpunkt, an dem die Entscheidung gefallen war, war es einfach nur pure Freude auf das was kommt. Aber bis dahin war es schon ein langer Weg. Denn irgendwie wurde uns von klein auf beigebracht, dass Reisen etwas ist, was sich nur Leute mit viel Geld leisten können. Eine Weltreise – dafür müsste man Jahre sparen oder Millionär sein. Doch wir wurden älter und Gott sei Dank gibt es auch immer wieder Menschen, die ihre Geschichten erzählen und anderen Mut machen.

Ein anderer Punkt war (ja, das klingt jetzt kitschig, ist aber so): Wir wussten, wir können uns aufeinander verlassen. Als wir loszogen, waren wir schon sieben Jahre zusammen und hatten schon viel gemeinsam geschafft. Gewisse Zweifel und Ängste sind wohl immer vorhanden, aber die waren bei uns nie so schwerwiegend, dass sie uns von unserem großen Traum abgehalten hätten.

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Haben eure Familien und Freunde euch von Anfang an bei eurem Vorhaben unterstützt oder musstet ihr erst Überzeugungsarbeit leisten?

Tatsächlich ist es so, dass unsere Familie uns sehr gut kennt und so waren sie auch wenig überrascht, als wir ihnen an Weihnachten 2017 von unserem Plan erzählten. Im Grunde waren wir eher überrascht, wie wenig wir sie von unseren Absichten überzeugen mussten. In den letzten Wochen in der Heimat haben wir sehr viel Unterstützung erfahren. Wir wurden mit einer Feier verabschiedet, an die wir uns wohl immer erinnern werden. Und wir wissen, dass wir jederzeit zurückkommen können – wir würden immer mit offenen Armen empfangen werden.

Wie sah euer Leben vor der Reise aus?

Dazu fällt uns zunächst ein Wort ein: stressig! Wir sind 2013 gemeinsam für unsere Aus- bzw. Weiterbildung vom Dorf in die Landeshauptstadt nach Dresden gezogen. Sarah hat dort ihre 4-jährige Ausbildung zur Erzieherin gemacht, die sie sich mit verschiedenen Jobs finanziert hat. Unter anderem Nachtschichten bei der Post oder in einem Mutter-Kind-Heim. Das hieß dann: Bis zum Nachmittag in die Schule, dann eine Runde schlafen und am Abend bis zum Morgen auf die Arbeit.

Philipps Alltag sah ähnlich aus. Nicht nur, dass er als gelernter Zahntechniker sowieso schon genug Überstunden gemacht hätte. Er hat seinen Meister in 2,5 Jahren in Teilzeit absolviert. Das bedeutete für ihn eine normale Arbeitswoche plus Meisterschule am Freitagabend und Samstag.

Nachdem wir dieses Leben viereinhalb Jahre so durchgezogen hatten, hatten wir beide einen Punkt erreicht, an dem wir so nicht mehr weitermachen wollten. Wir wollten einfach nicht mehr nur leben, um zu arbeiten. Irgendwie musste da doch noch mehr sein. Wir standen also vor der Frage: Karriere machen!? Aber was ist das eigentlich!? Oder doch ganz traditionell ein Häuschen kaufen und eine Familie gründen!? Wir wussten beide recht schnell, dass wir uns für keine dieser Zukunftspläne wirklich begeistern konnten und eigentlich ganz andere Träume hatten.

Wir wollten einfach nicht mehr nur leben, um zu arbeiten.

Wie hat sich euer Leben verändert, seitdem ihr unterwegs seid?

Verändert hat sich ALLES. Das klingt sehr drastisch, ist aber wirklich so. Wir haben in Deutschland eigentlich alles verkauft oder weggegeben. Wir haben unser zweites Auto verkauft (von unserem Bulli konnten wir uns einfach nicht trennen), haben fast alle Möbel zu Geld gemacht und uns von über der Hälfte unserer restlichen Besitztümer getrennt. Der wenige Rest lagert nun bei Philipps Papa. Unser Besitz ist also drastisch geschrumpft und das fühlte sich wie eine Befreiung an. Unsere Wohnung haben wir ebenfalls aufgegeben und sind für die letzten beiden Wochen in Philipps altes Kinderzimmer gezogen.

Am meisten aber haben wir uns wohl verändert. Wir sind viel entspannter geworden, leben (unserer Meinung nach) ein viel gesünderes Leben und wachsen an jeder neuen Herausforderung ein Stück.

Wie lange seid ihr schon unterwegs und welche Länder habt ihr bereits bereits?

Wir haben Deutschland am 8. März 2018 um 06:10 Uhr verlassen. 11 Stunden später sind wir in Los Angeles gelandet. Anschließend haben wir für zwei Wochen den Südwesten der USA mit dem Camper bereist. Von dort aus ging es auf die Cook Islands, von denen wir bis kurz vor unserer Reise noch nichts gehört hatten. Tatsächlich ist die größte Insel gerade einmal so groß wie unser Heimatdorf. Dort verbrachten wir eine Woche mit Schnorcheln, Wanderungen durch den Dschungel und ließen die Seele am Strand baumeln. Diese drei Wochen waren reiner Urlaub und ein kleiner Vorgeschmack auf unser zukünftiges Leben.

Das nächste Jahr haben wir dann in Neuseeland gelebt und gearbeitet und uns schwer verliebt in dieses Land am anderen Ende der Welt. Nachdem wir unser Visum bis zum letzten Tag ausgenutzt hatten, ging es weiter nach Australien. Nach ein paar Startschwierigkeiten entschlossen wir uns zu einer kleinen Pause. Diese brachte uns dann für dreieinhalb Wochen nach Bali und Bangkok. Von dort aus machten wir nach über einem Jahr unseren ersten unangekündigten Heimatbesuch. Die überraschten Gesichter unserer Familie werden wir nie vergessen!

Nach acht Wochen Deutschland ging es zurück nach Down Under. Hier haben wir nun ein halbes Jahr in einer unglaublich tollen Wohnung gelebt und in unseren gelernten Jobs gearbeitet. Nach dem kurzen Stopp im beruflichen Alltag geht es nun aber in wenigen Tagen wieder weiter mit dem Reisen. Insgesamt haben wir vor und während unserer Reise schon 20 Länder gemeinsam bereist.

Welche Erlebnisse oder Momente sind euch auf eurer bisherigen Reise besonders in Erinnerung geblieben?

Mh, das ist eine schwierige Frage. Es gab so viele Momente, die wir nie vergessen werden! Mutter Erde haut uns immer wieder regelrecht aus den Socken! Wir stehen dann einfach da und bekommen den Mund nicht zu vor Staunen. Für uns ist es das Schönste, diese unglaubliche Natur mit eigenen Augen zu sehen! Ein anderes Erlebnis, das uns immer wieder sehr bewegt, sind die Begegnungen mit Menschen. In Neuseeland wohnen die wohl freundlichsten und hilfsbereitesten Menschen der Welt. Davon können wir uns noch viel abschauen. Wir haben so viele tolle Leute aus der ganzen Welt kennengelernt und in Neuseeland und Australien sind Freundschaften entstanden, die wir nicht mehr missen wollen.

Gab es Momente,  in denen ihr darüber nachgedacht habt, eure Reise abzubrechen?

Natürlich gibt es auch Schattenseiten. Vor allem Sarah hat oft mit der Tatsache zu kämpfen, dass Familie und Freunde so weit weg sind. Denn auch bei denen geht das Leben natürlich weiter und es ist oft sehr harte Arbeit, die Beziehung aufrechtzuerhalten. Wir verpassen viele wichtige Momente im Leben unserer Liebsten und das ist manchmal schwierig. Dennoch haben wir unsere Reise nicht eine Sekunde lang bereut und sind nach wie vor der Meinung, dass es die beste Entscheidung unseres Lebens war.

Wie finanziert ihr euer Leben auf Reisen?

Diese Frage bekommen wir tatsächlich sehr häufig gestellt, oft leider auch mit sehr viel Neid verbunden. Aber die Antwort ist einfach: Wir haben, wie vorher schon erwähnt, fast alles in Deutschland verkauft. Außerdem haben wir viel gespart. Zum Beispiel sind wir nicht mehr viel auswärts essen oder ins Kino gegangen und haben uns jede Anschaffung gut überlegt. Das fiel uns nicht besonders schwer, da wir beide nicht wirklich Wert auf Party oder Markenklamotten legen. Wir haben unsere Prioritäten gut überdacht und hatten unser großes Ziel immer vor Augen.

Außerdem bereisen wir Neuseeland und Australien mit dem Working-Holiday-Visum, das es uns erlaubt, hier zu arbeiten. So finanzieren sich diese beiden Länder quasi selbst und wir haben so viele verschiedene Erfahrungen machen können. In Neuseeland haben wir auf einer Kiwi-Plantage, einer Milchfarm und auf einem Weinberg gearbeitet.

Wie erlebt ihr die schweren Buschbrände in Australien zur Zeit?

Wir selbst leben zur Zeit in Adelaide – Die Stadt hat zwei Millionen Einwohner und ist dementsprechend groß, sodass wir in der hier nichts zu befürchten haben. Doch direkt vor der Stadt hat es viele kleine Ort schwer getroffen. Die Adelaide Hills haben circa eine Woche gebrannt. Viele Familien sind obdachlos geworden, tausende Tiere gestorben und 24.000 Hektar Land verbrannt. Der Rauch zog dicht über die Stadt und das Atmen fiel an diesen Tagen schwer. Sonst hatten wir aber wirklich Glück und waren nicht betroffen.

Man muss dazu sagen, dass Buschfeuer hier in Australien jedes Jahr vorkommen. Dieses Jahr machen es die Ausbreitung und die Intensität der Brände zu einer Katastrophe. Viele Feuer sind mittlerweile gelöscht oder unter Kontrolle, aber brennen wird es wohl noch Wochen und Monate. Auch wenn die Medien aufgehört haben, zu berichten – vorüber sind die Brände noch nicht.

Wie geht es nach Adelaide für euch weiter?

Wir verlassen die Stadt in den kommenden Tagen und wollen dann mit unserem selbst ausgebauten Camper einmal um Australien reisen. Dafür haben wir etwa fünf Monate Zeit eingeplant und können es kaum erwarten! Im Juli ist dann ein kleiner Heimaturlaub geplant, aber eben nur ein Urlaub. Wann oder ob wir überhaupt wieder dauerhaft nach Deutschland zurückkommen werden – das wissen wir noch nicht. Wir leben gerade für die kommenden Tage und Wochen, denn wir haben gelernt, dass das Leben oft seinen eigenen Weg geht. Deshalb lassen wir alles auf uns zukommen.

Was bedeutet “Zuhause” für euch?

Zuhause ist für uns tatsächlich eher ein Gefühl als ein Ort. Wir haben eine wunderbare Heimat mit einer tollen Familie und super Freunden. Aber wir haben in den vergangenen Jahren gelernt, dass wir uns überall auf der Welt zuhause fühlen können. Wichtig ist, dass es sich für uns beide gut und richtig anfühlt.

Was würdet ihr anderen Menschen raten, die auch von einer langen Reise träumen?

Grundsätzlich können wir sagen: Nichts ist unmöglich! Wenn man nur will, kann man alles schaffen. Zunächst ist es dabei auch erst einmal egal, welchen Traum ihr genau verfolgt, denn zum Glück sind wir alle unterschiedlich. Es lohnt sich definitiv, immer für seine Träume zu kämpfen und sie nie aus den Augen zu verlieren – egal, wie unerreichbar sie auch scheinen. Uns hat es sehr geholfen, viel darüber zu reden, sich zu informieren und sich abzusichern. Im schlimmsten Fall wäre es eben eine Erfahrung geworden, aus der wir gelernt hätten. Verlasst euch immer auf euer Herz und benutzt den Kopf, um Probleme aus der Welt zu schaffen. Eure Ziele und Träume sind es immer wert, dafür zu kämpfen! 

Vielen Dank für den spannenden Einblick in eure Weltreise! 🙂 

Wenn ihr auf dem Laufenden bleiben wollt, wo es Sarah und Philipp als nächstes hinverschlägt, verfolgt ihre Reise auf Instagram! 🙂

Sarah & Philipp Weltreise Interview



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